Sachdarstellung


Die Verwaltungsgemeinschaft Stockach und die Gemeinde Steißlingen haben beschlossen die freiwillige kommunale Wärmeplanung im Konvoi durchzuführen. Mit der Erstellung des Kommunalen Wärmeplans im Konvoi Stockach wurde die MVV Regioplan GmbH aus Mannheim beauftragt (siehe Vorlage Nr. 2022/055).

Die Wärmewende erfordert unter anderem eine deutliche Reduzierung des Wärmebedarfs der bestehenden Gebäude. Demgegenüber steht der künftige, erforderliche Bedarf an erheblichen Mengen von Energie für Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme. Diese müssen nach und nach möglichst vollständig aus unterschiedlichen Quellen erneuerbarer Energien und Abwärme gedeckt werden, um einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Anders als Strom ist Wärme nicht so leicht transportierbar, wodurch der Transformationsprozess hin zur klimaneutralen Wärmeversorgung zwingend vor Ort gestaltet werden muss.

Hierbei soll jede Kommune im kommunalen Wärmeplan ihren Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung, der die jeweilige Situation vor Ort bestmöglich berücksichtigt, entwickeln. Ein kommunaler Wärmeplan dient als strategische Grundlage, um konkrete Entwicklungswege zu finden und die Kommune in puncto Wärmeversorgung zukunftsfähig zu machen. Dabei wird er auch zu einem wichtigen Werkzeug für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Weiterhin ist der Kommunale Wärmeplan gemäß Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz (KlimaG BW) alle sieben Jahre nach der jeweiligen Erstellung – unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklungen – fortzuschreiben.

Zusammenfassung der Ergebnisse der Wärmeplanung im Konvoi

Die Ergebnisse der Bestands- und Potenzialanalyse, Zielszenarien und Wärmewendestrategie mit Maßnahmenkatalog der kommunalen Wärmeplanung wurden für den Konvoi im Abschlussbericht gefasst.

Dafür wurden für alle Gemeinden insgesamt 30 Eignungsbiete abgegrenzt und nach den Kategorien Wärmenetzgebiet (Bestand), Prüfgebiet Wärmenetz und Wasserstoff sowie in dezentrale Eignungsgebiete aufgeteilt und für alle Gebiete klimaneutrale Zielszenarien ermittelt. Zur kurz-, mittel- und langfristigen Umsetzung der Wärmewendestrategie wurden 27 Maßnahmen erarbeitet, von denen zehn mit höchster Priorität angegangen werden sollen, davon vier auf Konvoiebene und sechs in Einzelgemeinden.

Der Konvoi verfügt bereits über 13 weitgehend mit nachhaltigen Energieträgern versorgte Wärmenetze, deren langfristiger Bestand, Ausbau und/oder Nachverdichtung sowie ggf. die Dekarbonisierung vorangetrieben werden soll. Weitere zehn Gebiete wurden als Prüfgebiete ausgewiesen, die grundsätzlich als Wärmenetz geeignet sind und deren Machbarkeit im Rahmen vertiefender Studien untersucht werden soll. Zentrale Herausforderung dabei ist, erneuerbare Energien für eine klimaneutrale Wärmenutzung zu erschließen, wobei die Rolle von Biogas (Einspeisevergütung, Flächenverfügbarkeit für Silomais etc.), Wasserstoff (Verfügbarkeit, Effizienz etc.) und Holz (Waldnutzung, Preisentwicklung etc.) im Einzelfall genauer zu prüfen ist.

Die dezentrale Wärmeversorgung steht ebenfalls vor einer großen Transformation. Hier werden vor allem Wärmepumpen zur Nutzung der Umweltenergie empfohlen (z. B. Außenluft, oberflächennahe Geothermie, Grundwasser). Das Heizen mit Scheitholz, Hackschnitzel und Pellets stellt ebenfalls eine effiziente Alternative dar. Die Vor- und Nachteile der einzelnen Technologien, insbesondere die Anschaffungs-, Betriebs- und Brennstoffkosten oder der Platzbedarf müssen im Einzelfall geprüft und abgewogen werden.

Auch bleibt die Steigerung der Gebäudeenergieeffizienz durch Erhöhung der Sanierungsraten und -tiefen, insbesondere durch Dämmung der Gebäudehülle, dringend erforderlich. Ferner können die Gemeinden die Effizienz von Neubauvorhaben, z. B. im Rahmen der Bauleitplanung, steuern. Für kommunale Liegenschaften und Akteure mit größeren Gebäudebeständen gilt es, Sanierungsfahrpläne zu erarbeiten. Grundsätzlich ist es sinnvoll, Maßnahmen an der Gebäudehülle zeitlich vor der Umstellung der Wärmeerzeugung für Heizung und Warmwasser durchzuführen.

Die Einzelmaßnahmen wurden mit den Kommunen abgestimmt und durch jede Einzelkommune priorisiert. Daraus ergeben sich priorisierte Maßnahmen sowohl auf Konvoi-Ebene wie auf Gemeindeebene. Die Maßnahmen mit höchster Priorität (TOP-Maßnahmen) sind in Anlage 6 zum Abschlussbericht nach einer einleitenden Beschreibung über Ziele und Wesen der Maßnahme mit weiteren Merkmalen dargestellt und konkretisiert.

Wesentliche Ergebnisse der Wärmeplanung für die Gemeinde Mühlingen

  • Die größten EE-Potenziale im Bereich Wärme bestehen durch oberflächennahe Erdwärme, Solarthermie sowie Biomasse, bei Strom v. a. bei Freiflächen- und Dachflächen-Photovoltaik, aber auch Windkraft.
  • Insbesondere die Baualtersklassen vor der 1. Wärmeschutzverordnung (1977) haben die höchsten Sanierungs- und Energieeinsparpotenziale. In Mühlingen betrifft das ca. 63 % des Gebäudebestandes.
  • Für das bestehende Gasnetz ist bis 2045 ein Transformationsprozess durchzuführen. Der Netzbetreiber (Thüga) prüft bis vorauss. 2025 die Umstellung auf Wasserstoff.
  • Die Wärme wird in Mühlingen bis 2040 im klimaneutralen Szenario v. a. durch Wärmenetze bereitgestellt. Zudem tragen Luft-Wärmepumpen, Biomasse sowie in geringerem Maße Solarthermie zur Deckung des künftigen Bedarfs bei.

Verhältnis der Wärmeplanung zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) und dem Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz, WPG)

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG, „Heizungsgesetz“) regelt vor allem die energetischen Anforderungen an Einzelgebäude. Die kommunale Wärmeplanung fokussiert sich auf die übergeordnete, kommunale Ebene der Energieversorgung.

Gemäß § 71 GEG ist in Neubauten, für die der Bauantrag nach dem 01.01.2024 gestellt wurde, nur noch der Einbau von Heizsystemen mit einem Mindestanteil von 65 % erneuerbarer Energien erlaubt. Für neu eingebaute Heizsysteme in Bestandsgebäuden oder Neubauten in Baulücken gibt es hiervon jedoch verschiedene Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen. Die 65 % erneuerbare Energien-Klausel des GEG greift dort erst ab Juli 2028 in Kommunen mit 100.000 oder weniger Einwohnern.

Allein das Vorlegen eines Wärmeplans durch eine Gemeinde löst noch nicht die Anwendung des Gebäudeenergiegesetzes aus. Hierzu bedarf es gemäß § 26 des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) einer zusätzlichen Entscheidung (z. B. durch Satzung) der Gemeinde zur Ausweisung von Gebieten zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen oder von Wasserstoffnetzausbaugebieten unter Berücksichtigung der Ergebnisse des kommunalen Wärmeplans.

Hinsichtlich der in § 4 Abs. 2 WPG (Pflicht zur Wärmeplanung) bundesrechtlich formulierten Plicht zur Erstellung von Wärmeplanen gilt für bestehende Wärmepläne, die nach dem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (KlimaG BW) erstellt und veröffentlicht wurden, nach § 5 Abs. 1 WPG ein Bestandsschutz.